„Öööh, Star!“

Tex Rubinowitz zeigt uns eindrucksvoll, wie man trotz Mega-Kater Gedankengänge zu Ende führt und durch den Gewöhnungseffekt ein ganzes Land an sich bindet.

Ein Porträt von Johanna Schwarz                  

Die Bezeichnung Hektiker wäre zu negativ behaftet. Dynamiker schlicht untertrieben. Tex Rubinowitz’ Gestik und Körpersprache kann man wohl am besten als untermalend bezeichnen. Dass jemand wie er seine Aussagen quasi illustriert, überrascht nicht. Er kann wahrscheinlich gar nicht anders. Ein Ziegenbart ist nun mal ein Ziegenbart und gehört in der Geschichte in der ein Ziegenbart vorkommt, gezeigt.

Man hört Tex Rubinowitz gerne zu. Er ist sympathisch und entspannt uns gleich mit, wenn er so dalehnt in seinem Sessel. Er hat sich Zeit genommen. Das Ganze fühlt sich ein bisschen an wie Märchenonkelzeit. Man kann sich getrost zurücklehnen.

Tex Rubinowitz hat die Beine überschlagen, ist frisch geduscht nach durchzechter Nacht. Er trägt Ringelshirt, Jeans und Turnschuhe. Die Hände sind sehr gepflegt. Sein Gesicht erinnert ein wenig an den US-amerikanischen Talkmaster David Letterman. Minus dessen Anzug. Braune Nerdbrille, die er immer wieder hochschiebt, eine Zahnlücke vorne zwischen den Schneidezähnen, seine Haarfarbe irgendetwas zwischen kupferrot und straßenköterblond – was noch da ist. Hätte Tex Rubinowitz eine rote Mütze auf, würde man ihn allerdings eher in einer Menschenmenge in einem Buch suchen wollen. Vielleicht erinnert mich aber auch nur sein Ringelshirt an Wo ist Walter.

by Tex Rubinowitz

by Tex Rubinowitz

Früher war sowieso alles besser

Von Wien war er von Anfang an begeistert, vor allem von der Leichtigkeit mit der er hier „Frau… äh Leute“ kennengelernt hat. Weil es einfacher ist, wenn alle neu sind. Die Situation, die Studenten eben erleben. Laut ihm passieren die wirklich wichtigen Dinge nicht, wenn man zu Hause bleibt, sondern wenn Leute von überall her in eine Stadt kommen: „Da werden Generationen gebaut!“ sagt Tex Rubinowitz pathetisch und will uns wohl motivieren, mal etwas kreativer zu sein und ein bisschen mehr Party zu machen. Ich fühle mich direkt schlecht und uncool und will dringend Bier trinken, rauchen und Drogen nehmen. Ja, Tex Rubinowitz schafft sowas. Er schwelgt kurz in Erinnerungen an seine eigene Anfangszeit. Genau heute sei es 19 Jahre her, dass er nach Wien gekommen ist. Es war natürlich viel wärmer, und er hat zum ersten Mal Leberkäse und zu viel Sturm probiert. Früher war alles besser. Die Partys. Die Musik. Die Kreativität. Die Frauen.

Der Name stammt von einem Rockabilly Sänger und klang halt einfach schwungvoll und cowboyartig. Er hat ihn sich geklaut, dominiert jetzt die Google-Suche „Tex Rubinowitz“ und scheint sich dabei fast schuldig zu fühlen. Lange hält dies aber nicht an, er hat schließlich Einiges geleistet und es wird gleich mit einer neuen Story abgelenkt.

Tex Rubinowitz verzettelt sich oft. Er verliert sich fast in Geschichten mit immer tiefergehenden Details. Sie beginnen oft ganz woanders als sie aufhören. „Was wollte ich jetzt sagen?“ hören wir einige Male. Diese Unorganisiertheit könnte aber auch mit der gestrigen Party zusammenhängen. Schlussendlich überrascht er einen aber, wenn er doch jedesmal den Bogen fertig spannt und die Geschichte logisch und mit Bezug auf die Frage beendet.

Wenn ihm ein Thema besonders Spaß macht, steht Tex Rubinowitz auf. Vielleicht, damit man weiß, dass jetzt etwas sehr Wichtiges kommt. Außerdem kann der schlaksige Hamburger so noch größere Gesten machen.

Er erzählt von seinem Militärdienst auf Sylt, verwirft selbstkritisch mit einem herablassenden „pffft…schwacher Witz“ seinen eigenen Spruch. Es war hatte sich als die schwächste Lampe im Lampenladen bezeichnet. Wir hätten die Abgedroschenheit gar nicht bemerkt.

Schrankenstein

Tex Rubinowitz spielt Frank Baumann, den „Mann im Schrank“, bei der Late-Night-Show „Willkommen Österreich“. Uns erklärt er, dass er diese Rolle eigentlich gar nicht spielen wollte. Er wurde einfach überfahren, seine negative Antwort ignoriert und er in das „Willkommen Österreich“-Ensemble integriert. Die Idee vom grantigen Psychopathen im Schrank ist dann aber seine Eigene. Sie scheint wie die Rebellion auf das aufgedrückte Schauspieler-Dasein. Er war der Beobachter, der nichts zu tun hatte außer böse schauen.

Warum Tex Rubinowitz lieber nach Wien als nach Berlin ging, ist schnell erklärt: Berlin wirkte auf ihn dunkel und eng. Er wusste, dass er sich dort eingesperrt fühlen würde.

Bei „Willkommen Österreich“ hatte er paradoxerweise sehr viel Spaß beim Eingesperrt-Sein. Vor allem, als er später seinen Kultstatus bemerkte: „Öööh, Star.“ grölt er mit unterdrückter Stimme, bewegt den Arm siegessicher und versucht auch ja keine echten Emotionen zu zeigen. Weil ein bisserl mag er das ja eigentlich schon, dieses Promi-Getue. Hätte man nicht damit gerechnet. Als er erzählt, dass Falco höchstpersönlich beim allerersten Konzert seiner Band war, steckt er sich eine imaginäre Medaille an. Auch beim Name-Dropping ist er ganz groß, gibt uns direkt zu Beginn Einblick in Beziehungserneuerungen in der Wiener Medien-Snobiety: „Der hat die ja verlassen, sobald das Kind aus dem Hause war“. Vielleicht hat er sich auf der Fahrt überlegt, was er denn als Eisbrecher erzählen könnte.

Tex Rubinowitz spielt herunter, was ihn bekannt gemacht hat. Er macht das halt nebenbei, vor allem wenn er fernsieht. Da hat er immer einen Block auf dem Knie liegen und malt irgendetwas, das er später mit einem Spruch aus dem Gesehenen verbindet. Das gibt eben öfter eine superwitzige Kombination. Ja so ist das. Ich finde, Tex Rubinowitz darf ein bisschen eingebildet sein.

Er versteht es aber auch, wenn Menschen nicht über seinen Humor lachen können. Konditionierung und Gewöhnungseffekt über die Jahre spielen dabei sicher eine große Rolle: „Ich kann die Leute eben schon erziehen“, sagt er ein bisschen verschmitzt.

Aber von dem Monopol auf die Standard Zeichnungen kann er sich nichts kaufen. Tex Rubinowitz schwirrt irgendwie zwischen mehreren Projekten hin und her: seine Bücher, Lesungen (auf die er heute in seinem Zustand schon mal gar keinen Bock hat) und Musik. Trotzdem bringt das Nicht-Festgelegt-Sein auch seine Vorteile: „Ich bin ja frei. Kann immer wegfahren. Hab dann halt weniger Geld.“ Es klingt wie ein Songtext.

Mäuse. Bitte ohne Artikel.

Was Tex Rubinowitz übrigens gar nicht haben kann, ist dieses „Angekumpel“ mit dem richtigen Namen. Es gibt ja einen Grund für den Neuen. Er wird bei Wikipedia mal fragen, warum die den bei ihm hinschreiben, wenn er den nicht einmal mehr in seinem Pass stehen hat. Auch bei der Frage nach seiner Band unterbricht er uns: „Mäuse! Nicht die Mäuse. Mäuse bitte immer ohne Artikel“, belehrt er grimmig. Genauso wie bei seinen guten Freunden, nicht den Ärzten, sondern die Ärzte. Überhaupt gibt es ein paar Dinge, die Herr Rubinowitz genau so und nicht anders haben will. Wie man gewisse Dinge sagt, muss genau beachtet werden. Er ist dabei aber kein Ungustl. Erschreckt hat er uns mit seiner Ernsthaftigkeit auch nur kurz. Ausbessern muss trotzdem sein und jetzt auch bitte nicht mehr falsch machen. Danke.

Tex Rubinowitz wirkt gleichermaßen aufgewühlt wie aufgeräumt. Seine Erzählungen scheinen manchmal wirr, machen aber eigentlich Sinn. Er erzählt viel, passt aber kontrolliert darauf auf, nichts Falsches zu sagen. Und dann fällt noch: „Listen. Ich liebe Listen!“. Er ist penibel und vorsichtig, doch gleichzeitig cool und durchaus lustig. Vielleicht passt Dynamiker ja doch. Oder Hektiker. Mit einer Prise Spießer.

Links:
Ja, Tex Rubinowitz liebt Listen.

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