Noch so ein Endzwanziger-Panik-Neingarnicht-Artikel.

Letzte Woche haben einige von euch diesen Artikel von Annelie gepostet, der die Krise von uns End-Zwanzigern kurz angerissen hat. Für mich ist es immer wieder schön, solche Zeilen zu lesen. Es beruhigt ungemein, wenn man merkt: „Ach, nicht nur ich hab ’nen Kreisel im Kopf!“ Allerdings ist mir Annelie nicht weit genug gegangen… ich finde, dass man das Alles noch viel weiter spinnen könnte.

„Alle sieben Jahre befindet sich der Mensch in einer Wandlungsphase“. Nun gut, das würde bedeuten, dass ich jetzt in der vierten Phase bin. Könnte sein. Allerdings kam bei mir der einschneidende Tag an meinem 26. Geburtstag. Ich sah mich in der Früh im Spiegel und hatte auf einmal Pickel, tiefe Augenringe und – meine Brüste hingen. Einfach so, über Nacht. Ziemlich fies, da kann man dann nämlich auch nix mehr machen. Bye bye perky boobs.

Wenn ich also von 26 weiterrechne, würde die nächste Phase so mit 33 beginnen. Ich freu mich. Denn in diese Phase fällt dann auch die 36. Die Phase muss dann klarerweise gut sein, weil 36 ist ja anscheinend das beste Alter der Frau (man merkt schon, ich kann superlogisch denken). Das Alter, in dem man die beste Haut hat, die tollste Figur und in dem man sich nicht mehr so viele Gedanken darüber macht wann wie wo Kinder heiraten ja nein vielleicht ist er der Richtige und wenn wann Job Gehalt Wohnen Pension einzahlen Selbstverwirklichen Reisen ich hab zu wenig ich hab noch nie ich will und überhaupt wann entspanne ich mich endlich wieder einmal?

In der Schule dachte ich noch, dass ich bis 25 alles arrangiert hätte. Beruf. Geld. Familie. Und jetzt? Vier Jahre über Plan habe ich bei Weitem nichts fixiert. Körperlich geht es nur noch bergab. Wenn ich mich kämme, muss ich danach staubsaugen. Wenn ich gestresst bin, tun mir die Gelenke weh. Wenn ich Bier trinke, bereue ich das am nächsten Tag, egal wie viele es waren. Ob jahrelangem iPod-Lautstärke-Missbrauchs höre ich manchmal schlecht. Mein Rücken ist schief. Die Liste würde noch weiter gehen. Ich mein’…

Und was ist mit diesem Haar am Kinn, das nicht wächst, sondern sich anschleicht und dann – Peng! – einfach da ist. Meist entdecke ich es in der Arbeit und hoffe dann inständigst, dass es keiner sieht, bis ich abends wieder zu Hause bin und es endlich ausrupfen kann (man erwischt es ja auch nur mit Pinzette). Dann ist aber wieder drei Monate lang eine Ruhe. Man vergisst es sogar, bis… ihr wisst schon.

Außerdem nehme ich irgendwie jährlich zwei Kilo zu, die ich nicht mehr los werde. Das ist anscheinend normal. Hab ich gehört.

Mein Hauptproblem zur Zeit: Es gibt so viele „Baustellen“, dass ich gar nicht weiß, mit welcher ich beginnen soll. Ich meine damit solche Gedanken, wie: „Ich sollte endlich wissen, wo ich hin will im Job, im Leben und überhaupt. Und dann anfangen, dort hin zu arbeiten. Ich weiß aber nicht, wohin ich will. Zumindest nicht genau. Ich weiß nur, was ich NICHT will. So viel arbeiten wie jetzt zum Beispiel. Ich will Zeit haben für die schönen Dinge, den Kaffee mit Freunden genießen können und nicht an hundert Dinge denken, die ich eigentlich gerade erledigen sollte. Ich will machen, was mich erfüllt. Aber am Wochenende entspannen können. Und dabei genug Geld verdienen. Es muss nicht wahnsinnig viel sein, einfach nur genug um sich keine Sorgen machen zu müssen. Bitte? Danke.“

Ein Freund sagte am Wochenende bei einem Bier ganz entrüstet: „Ich verstehe nicht, wie man nicht wissen kann, was man will. Ich mein’, das ist doch ganz einfach, das spürt man doch!“ Hahaha. Mein Lieber. Geil wär das. Das würde Einiges einfacher machen. Wir Frauen ticken da ein bisschen anders. Vielleicht bin es auch nur ich.

Der Lebens-Stress, das muss man auch sagen, ist nicht unbedingt hausgemacht. In der Sekunde, in der ich ein Kind/Baby auch nur anschaue, geschweige denn in den Arm nehme, springt jemand aus dem Gebüsch: „Und? Wann ist es bei dir so weit?“ Keine Ahnung. Aber danke für die Erinnerung. Wenn mich noch jemand fragt, bekomm ich gar keine. HA! Mir ist übrigens aufgefallen, dass die Männer in unserem Alter das genauso abbekommen. Och.

Unsere Eltern und Verwandten verstehen außerdem oft nicht, was wir überhaupt machen. „Ja aber, wann geht das dann richtig los? Und warum musst du mit einem Praktikum anfangen, du hast doch studiert?“ Ja. Eben.

Panik? Völlig fehl am Platz.

Vom Leben habe ich eigentlich gelernt: „Lass die Dinge öfter einfach auf dich zukommen. Denk mal weniger nach, oft ergeben sich dann zufällig die besten Lösungen.“ Danke! Ich warte immer noch.

Vielleicht hat Annelie also Recht. Sie sagt, wir sollen doch mal endlich den Arsch hochkriegen. Einfach machen. Mut zeigen. Loslegen. Aber was, wenn ich dann zu schnell reagiert habe? Was, wenn ich mit ein bisschen mehr Ruhe, doch bekommen hätte, was ich wollte? Was, wenn ich mich verzettle? Was wenn ich mich finanziell übernehme? Was, wenn das, was ich machen will, niemanden interessiert?

Ach Gottchen. Wir haben doch keine Zeit!!

Am Ende der Geschichte bin ich immer noch 29 und weit entfernt von alt. Ob ich Kinder bekomme oder nicht, wird sich zeigen. Morgen eher nicht. Die Entscheidung ob und wann liegt bei mir und demjenigen, der sie mit mir teilen wird. Stressversuche von außerhalb prallen Gott sei Dank meistens ab. Irgendwann wird es einen Job geben, weil man irgendwann aufhören muss, sich für Praktika zu bewerben! Und für das einstehen muss, was man schon kann und dass man es verdient hat, ein normales Gehalt zu beziehen. Ich freue mich auf die Phase, in der ich später sagen werde: Ach, das war schon krass, aber es war nötig. Ich habe alles gesehen, was mich interessiert hat und so herausgefunden, was mich glücklich macht.

 

(Edit 18.11.2014)

I mean.

 

4 Gedanken zu „Noch so ein Endzwanziger-Panik-Neingarnicht-Artikel.

  1. Hanni

    …and again!
    Ich freue mich, dass hier langsam eine „Schreiber-Bewegung“ in die Thematik reinkommt!
    Ich habe kurz nach meinem 30. Geburtstag einen Blog gestartet; noch recht spärlich, aber mit einigen wenigen Artikeln aus Sicht einer – achtung, Überraschung! – 30-jährigen, die eigentlich Job, Wohnung, Beziehung hat, aber nicht so richtig weiß, wie es jetzt weiter geht / besser wird / anders geht …

    http://thirty30licious.wordpress.com/2014/02/10/happy-30th-und-jetzt/

    Es beruhigt total, dass ich nicht alleine mit diesen Blubberblasen im Kopf bin! …denn eigentlich ist es ein Luxusproblem und mein Vater würde mich gleichzeitig auslachen und ohrfeigen, wenn er von meiner „Unzufriedenheit“ wüsste…

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    1. schoschoschreibt Beitragsautor

      Haha. Blubberblasen und Kreisel. Keine Ahnung was mit uns allen so falsch läuft. Ich denke, es liegt am falschen Zukunftsbild. Es ist einfach überholt – studieren, arbeiten, heiraten, Kinder. Das läuft so nicht mehr.

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