Gleich vorweg: man muss vor Ort sein. In Wien ein WG-Zimmer zu suchen und zu sagen: „Ich kann aber erst in drei Tagen vorbei kommen“, gleicht einem Todesstoß. „Morgen“ ist das Höchste der Gefühle. WG-Zimmer sind in Wien schneller weg als man „Steffl“ sagen kann.
Eigentlich war ich abgehärtet. Dachte ich jedenfalls. Ich hatte schon einmal ein WG Zimmer gesucht. In Innsbruck, einer Stadt, die ein ähnliches Problem hat wie Wien: zu wenige Wohnungen für zu viele Menschen. Jedes Jahr kommen zu Studienbeginn wieder mehr. Und die Preise schießen in die Höhe – „in Wien ist alles billiger“ ist schlicht vorbei.
Das erste Zimmer. Nicht optimal. „Ausblick“ in den Lichtschacht. Man kann aus dem Stiegenhaus direkt auf das Bett sehen. Rest der Wohnung: nicht so schlimm. Super als Einstieg in die Suche. Zweites Zimmer: Wahnsinn. Sechster Bezirk. Altbau. Nette Leute. Nur bis Februar zu vergeben. Danke vielmals, nochmal mache ich das nicht durch. Drittes Zimmer. Wir sind zu sechst zum Casting eingeladen. Eigentlich kommt keiner so richtig zu Wort. Jeder will herausstechen. Ich halte mich zurück, denn was in der Anzeige nicht erwähnt wurde: Katze vorhanden. Zieht zwar mit aus, aber die Haare sind auch auf der Couch in der Küche und ich schwer allergisch. Viertes Zimmer. Türe geht auf. Frodo steht vor mir. Und sein Mitbewohner, der große Dicke von Lost. In dieser Wohnung wird vor allem: gezockt und geraucht. Da hätte ich sicher perfekt dazu gepasst. Fünftes Zimmer. Eigentlich eine Frechheit. Irgendwie hat man eine Mitbewohnerin, die die Schwester der Vermieterin ist, und die Vermieterin möchte am Wochenende auch einmal vorbeischneien können und dann auch bitte hier schlafen können. Man soll im Prinzip also für zwei Schwestern eine Wohnung in Stand halten, die zwar schön ist aber eigentlich null Privatsphäre bietet. Und teuer ist sie noch dazu. Sechstes Zimmer. Hernals. Künstler WG. Suuuuper lässiges Zeug an der Wand. Rest versifft, schief oder abgeblättert. Aus dem Alter bin ich raus.
Im Nachhinein klingt das Alles gar nicht so schlimm. Wer aber weiß, wie es sich anfühlt, wenn man eine Anzeige liest, sich dann freut, zum Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden (wie kompetitiv kann es eigentlich noch werden) und dann eine Wohnung vorfindet, die rein gar nichts mit dem angepriesenen Super-Loft zu tun hat, fühlt sich vielleicht verstanden.
Die richtige Horrorstory erzählte mir eigentlich eine Freundin, die kein Zimmer fand und übergangsweise auf einer Couch schlafen musste: Der Typ verlangte 50 Euro pro Woche und hatte den Internet-Code geändert, damit sein Spiel nicht ruckelt, wenn sie auch online ist.
Mein jetziges Zimmer hat übrigens Himmel-Aussicht. Weil das Haus vor meinem nur zwei Stockwerke hoch ist und ich im Fünften throne. Ein immobiliärer Jackpot wie ich feststelle. Es ist das Katzenzimmer. Sie wollten mich unter anderem, weil ich Spanisch kann. Die Couch wurde mittlerweile abgeholt.